Urteilsanzeige GesR, GmbH

28.06.2006

Thüringer Oberlandesgericht Az (6 U 717/05) Link zur Originalentscheidung

Darlehen GmbH an GmbH&Co.KG: (doch) Wirksame Barkapitalaufbringung bei GmbH & Co. KG

Ein Darlehen, das eine GmbH einer Kommanditgesellschaft gewährt, deren persönlich haftender Gesellschafter sie ist, ist im Hinblick auf § 19 GmbHG anders zu bewerten als ein Darlehen, welches die GmbH einer OHG zugewandt hat, an der sie - die GmbH - nicht beteiligt ist, welche aber ihren Gesellschaftern „gehört“. Bei der GmbH & Co. KG die vom BGH geforderte Einheit nur zwischen der GmbH und „ihrer“ Kommanditgesellschaft.

Wirtschaftlich betrachtet, ist daher ein Darlehen, welches die Verwaltungs-GmbH „ihrer“ Kommanditgesellschaft auszahlt, nicht zugleich als Zahlungsvorgang an die Gesellschafter zu werten. Die Verwaltungs-GmbH handelt hier ihrer Aufgabenstellung gemäß und tätigt ein Verkehrsgeschäfts i.S.d. BGH-Rechtsprechung, wenn sie Finanzmittel in die Kommanditgesellschaft als der eigentlichen Betriebsgesellschaft einbringt.

Der Gefahr, daß im Wege über die KG die Stammeinlagen der GmbH an die GmbH-Gesellschafter/ Kommanditisten zurückgeführt werden, wird durch die umfassende Kapitalbindung in der GmbH & Co. KG in ausreichendem Maße begegnet.

Aus dem Tatbestand:
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter der P. Verwaltungs GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin) von den Beklagten die Zahlung der Stammeinlagen. Die Beklagten sind Gesellschafter der mit Vertrag vom 14.12.1996 gegründeten, am 17.12.1996 angemeldeten und am 7.3.1997 ins Handelsregister eingetragenen Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen am 12.9.2001 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Am Stammkapital der Gemeinschuldnerin war die Beklagte zu 1 in Höhe von 40.000 DM, die Beklagte zu 2 in Höhe von 20.000 DM beteiligt. Die Gemeinschuldnerin ist Komplementärin der P. GmbH & Co KG; die Beklagten sind neben einer weiteren Person die Kommanditisten dieser KG.
Am 23.12.1996 erfolgte eine Einzahlung in Höhe des Stammkapitals (60.000 DM) durch den Steuerberater der Gesellschaft, Herrn S., auf ein Konto der P. GmbH & Co KG, mit Verwendungszweck "Stammeinlage Verwaltungs GmbH", wobei der Betrag in der Bilanz der Gemeinschulderin aber als von der Gemeinschuldnerin an die KG gewährtes Darlehen gebucht wurde. Ein Darlehensvertrag wurde unterzeichnet. Das Darlehen wurde seitens der P. GmbH & Co KG nie getilgt. Auch über das Vermögen der KG wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Anmerkung:

AKTUALISIERUNG: Erwartungsgemäß wurde die Entscheidung durch BGH aufgehoben; Urteil 10.12.2007 II ZR 180/06
HINWEIS: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Obwohl sich das Urteil mit der BGH-Entscheidung vom 02.12.2002 auseinandersetzt, wird diese für nicht einschlägig erachtet. Mich würde es wundern, wenn die Argumentation des OLG vor dem BGH Bestand haben sollte.
Nach wie vor gilt deswegen meine Empfehlung: Stammkapital nicht gleich an die GmbH & Co. KG "weiterreichen".

Interessant am Rande: Die einzige Kontoüberweisung erfolgte durch den Steuerberater der Gesellschaft. Im Laufe des Verfahrens wurde sogar ein Sachverständigengutachten über eine vorhergehehende und vom klagenden Insolvenzverwalter angezweifelte Barzahlung eingeholt, wobei eine Nachdatierung aber nicht bewiesen werden konnte.

 


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