Urteilsanzeige GesR,InsR

08.05.2006

BGH Az (II ZR 94/05) Link zur Originalentscheidung

(keine) Formunwirksamkeit einer Finanzierungsvereinbarung / Verlustausgleichsverpflichtung (Sportgate)

Der klagende Insolvenzverwalter nimmt einen Gründungsgesellschafter der Sportgate AG auf Zahlung von 1,5 Millionen Euro aus einer Erklärung in Anspruch, die dieser kurz nach Gründung der Schuldnerin abgegeben hat. Diese Erklärung, die der Beklagte nach einem Gespräch mit einem Aufsichtsratsmitglied der Schuldnerin und der Vertreterin eines anderen Gründungsgesellschafters an einer Bar in einem Washingtoner Hotel unterschrieben hat und die nach den Angaben des Beklagten – obwohl deutsches Recht Anwendung finden soll - deshalb in englischer Sprache verfasst ist, weil die Hotelangestellte, die den Text auf Anweisung geschrieben hat, nur der englischen Sprache mächtig gewesen ist, hat folgenden Wortlaut:

„An diejenigen, die es angeht:
Ich verpflichte mich hiermit gegenüber der Sportgate AG i.G. sowohl unverzüglich jegliche Verluste, die während des Geschäftsganges eintreten, bis zu einer Summe von 1,5 Millionen Euro mittels geeigneter Maßnahmen auszugleichen, als auch die Versorgung der Gesellschaft in dieser Zeit mit flüssigen Mitteln sicher zu stellen, so dass die Gesellschaft jederzeit ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann…“

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Zahlungsanspruch des Klägers bestehe schon deswegen nicht, weil die Erklärung formunwirksam und nichtig sei. Bei dem Versprechen des Beklagten, Verluste der Schuldnerin auszugleichen, handele es sich um eine schenkweise, nach dem hier anwendbaren deutschen Recht notariell zu beurkundende Verpflichtung (§§ 125 S. 1, 518 Abs. 1 S. 2 BGB).

Die Ansicht des Berufungsgericht, es handele sich bei der Erklärung des beklagten Gründungsgesellschafters, deren Abgabe gegenüber der Schuldnerin das Berufungsgericht zugunsten des Klägers unterstellt hat, um eine mangels Gegenleistung schenkweise eingegangene und deshalb formunwirksame Verpflichtung, beruht u.a. auf einer grundlegenden Verkennung der Rechtsnatur von Finanzierungsvereinbarungen zwischen Gesellschaftern und ihrer Gesellschaft.

Diese werden in aller Regel im Hinblick auf die Mitgliedschaft in der Gesellschaft und allein schon wegen dieser kausalen Verknüpfung nicht „unentgeltlich“ abgegeben.

Die Erklärung ist deshalb formlos gültig.

Ob die Ansicht des LG bei einer einheitlichen, auf die Ausstattung der Schuldnerin mit Liquidität gerichteten Verpflichtungserklärung zutreffend wäre, konnte der Senat dahinstehen lassen. Denn die Erklärung des Beklagten besteht aus zwei Teilen und der Kläger stützt die Klage nicht auf die in der Erklärung – auch – enthaltene Ausstattungsverpflichtung, sondern allein auf die Erklärung des Beklagten „unverzüglich jegliche Verluste, die während des Geschäftsgangs eintreten, bis zu einer Summe von 1,5 Millionen Euro mittels geeigneter Maßnahmen auszugleichen“. Die zuletzt genannte Verpflichtung wird durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht unerfüllbar; dass sie auf die Zeit vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beschränkt sein sollte, ist nach dem bisherigen Vortrag nicht ersichtlich.
(Quelle: Presserklärung des BGH)

Anmerkung:

Vorab: Da das Verfahren aufgrund des Beklagten so pubizitätswirksam ist, ist wohl auch die Schelte für das aufgehobene OLG München besonders geharnischt ausgefallen; dem immerhin eine "grundlegende Verkennung von Finanzierungsvereinbarungen" attestiert wurde.

Im Allgemeinen: Die Übertragung üblicher Rechtsinstitute aus dem anglo-amerkanischen Rechtskreis ins deutsche Recht ist nicht frei von Tücken. Wohin man blickt, wimmelt es im Gesellschaftsrecht von Termini wie "letter-of-intent", "memorandum of understandig", "non-disclosure-agreement", "closing", "instructions-to-proceed", "heads-of-agreement", "put&call-options", "caps", "break-fees", "material adverse-change", die sich einfach im BGB oder HGB typischerweise eben nicht wiederfinden lassen.
Abgesehen von der schon problematischen richtigen Übersetzung dieser "Gebräuche" in die deutsche (Rechts-)Sprache, treffen dann diese dann auf geltendes deutsches Recht, welches dann doch noch einige Besonderheiten - wie zB eben diverse Formvorschriften - zu bieten hat.

Letztlich: Die Gründe bleiben abzwarten. Interessant bleibt es aber schon zu erfahren, was denn genau der Unterschied in der Motivforschung ist, wenn jemand seinem Verwandten aufgrund dieses Verwandtschaftsverhältnis etwas "schenkt" und jemand seiner Gesellschaft etwas aufgrund seines Mitgliedschaftsrechtes "finanziert" ...

 


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