Urteilsanzeige KG,GesR

25.05.2009

BGH Az (II ZR 259/07) Link zur Originalentscheidung

Nachschusspflicht Kommanditisten durch Mehrheitsbeschluss

Ein Beschluss zu einer Beitragserhöhung ist - sofern nicht eine gegenteilige allseits oder individuell wirkende Bedingung vereinbart ist - zu Lasten des zustim-menden Gesellschafters auch dann verbindlich, wenn nicht sämtliche Gesellschafter zugestimmt haben, der Beschluss aber im Übrigen die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Mehrheit erhalten hat. (Leitsatz BGH)

Aus dem Urteil:
Die Klägerin verlangt vom Beklagten, einem ihrer Kommanditisten, Zahlung einer erhöhten Pflichteinlage. Die Parteien streiten darum, ob die Erhöhung auf einer Gesellschafterversammlung der Klägerin wirksam beschlossen wurde und der Beklagte zur Zahlung verpflichtet ist.

Die Gesellschafter konnten die Erhöhung der Pflichteinlage mit Mehrheit beschließen. Beschlüsse können in der Personengesellschaft mit Mehrheit gefasst werden, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll.

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin bestimmt, dass die Erhöhung von Pflichteinlagen mit einer Mehrheit von 90 % beschlossen werden kann.

Der Beschluss konnte mit der Bedingung versehen werden, die Pflichteinlagen nur einzufordern, wenn in den Verhandlungen mit der finanzierenden Bank bestimmte Ziele erreicht werden. Beschlüsse können mit einer auflösenden oder aufschiebenden Bedingung verknüpft werden (§ 158 BGB), solange keine schutzwürdigen Interessen der Beteiligten oder Dritter berührt sind.

Die Erhöhung der Pflichteinlage berührt Interessen Dritter nicht unmittelbar. Der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern ist die mit dem Schwebezustand verbundene Ungewissheit zuzumuten. Besondere Unsicherheitsfaktoren entstehen nicht allein deshalb, weil die Frage, ob die Bedingung eingetreten ist oder nicht, kontrovers beurteilt werden könnte. Die Wirksamkeit eines unbedingten Erhöhungsbeschlusses kann ebenfalls rechtlichen Zweifeln unterliegen.

Dass im schriftlichen Protokoll der Gesellschafterversammlung kein Beschluss festgehalten ist, steht einer wirksamen Beschlussfassung nicht entgegen. Das im Gesellschaftsvertrag vorgeschriebene Beschlussprotokoll dient Beweiszwecken, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, macht das Zustandekommen eines Beschlusses aber nicht von der Einhaltung einer bestimmten Form abhängig.

Das Berufungsgericht konnte auch davon ausgehen, dass der Beklagte der Erhöhung der Pflichteinlage zugestimmt hat.

Auf eine fehlende Zustimmung kann sich der Beklagte trotz Ablaufs der Ausschlussfrist, innerhalb derer ein Gesellschafter die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses geltend machen kann, allerdings berufen.

Durch eine verfahrensrechtliche Regelung im Gesellschaftsvertrag darf das mitgliedschaftliche Recht eines Gesellschafters, nicht ohne seine Zustimmung mit weiteren Beitragspflichten beschwert zu werden, nicht ausgehebelt werden.

Der Beklagte hat seine Zustimmung zwar nicht wirksam antizipiert erklärt.

Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Obergrenze für die Erhöhung der Pflicht- und Hafteinlage. Im Hinblick auf § 707 BGB bedarf es einer vertraglichen Begrenzung der Vermehrung der Beitragspflichten.

Die Zustimmungserklärung konnte das Berufungsgericht aber dem Abstimmungsverhalten des Beklagten entnehmen.

In der Stimmabgabe für eine Erhöhung der Pflichteinlage kann die erforderliche Zustimmung liegen, wenn die Auslegung der Erklärung nicht etwas anderes ergibt.

Entgegen der Annahme der Revision ist die Zustimmung eines Gesellschafters zu einer Beitragserhöhung - sofern nicht eine entsprechende Bedingung vereinbart ist - nicht nur dann wirksam, wenn alle Gesellschafter zustimmen und an der Erhöhung teilnehmen.

Es steht den Gesellschaftern frei zu vereinbaren, dass einzelne und nicht alle Gesellschafter ihren Beitrag erhöhen oder einen Nachschuss leisten, auch wenn die Beschlussfassung und die Zustimmung der Gesellschafter zusammenfallen.

Eine solche Auslegung des Abstimmungsverhaltens liegt nahe, wenn bei der Abstimmung bekannt ist, dass einzelne Gesellschafter keine weiteren Beiträge leisten wollen oder können und sie dazu nicht ichtet werden dürfen, der mit der Erhöhung verfolgte Zweck - hier die Sanierung der Klägerin -
auch ohne die Beiträge dieser Gesellschafter erreicht werden kann und sich aus den übrigen Umständen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass erhöhte Beiträge nur bei Zustimmung oder bei Teilnahme aller Gesellschafter geleistet werden sollen.

Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Auslegung der Regelung in § 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags, nach der kein Gesellschafter verpflichtet sein sollte, an der Erhöhung von Haft- und/oder Pflichteinlagen teilzunehmen, als Klarstellung, dass dissentierende Gesellschafter mangels Zustimmung nicht zur Leistung eines mit der notwendigen Mehrheit beschlossenen Nachschusses verpflichtet sind.

Anmerkung:

 


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